Freitag, 30. März 2012
10. BEUYS HONIGPUMPE TIEFER GELEGT
(07.Dezember 2023)

"Honigpumpe am Arbeitsplatz" von Joseph Beuys, Documenta 6, Kassel 1977.


Ich finde es fällt auf, dass man relativ wenig webweit an eingehender Erläuterung und Interpretation über diese Installation auf der Documenta 6 lesen kann. Nach kurzem Aufzählen von ein paar beteiligten Gegenständen und dem Nachplappern von Beuysschen Formulierungen vom Blutkreislauf der Gesellschaft und der Freien Universität, die sich darin manifestiere, flüchtet man sich meist ganz schnell in Bienengeschichten und was es sonst noch zu Fett und Filz und dem erweiterten Kunstbegriff zu schreiben gibt. Aber was "DA UNTEN" eigentlich zu sehen ist, scheint niemand wirklich eingehender auf sich wirken zu lassen und mal Detail für Detail auseinander zu klamüsern.

Die "Honigpumpe am Arbeitsplatz" haben vermutlich inzwischen nicht nur tausende sondern Millionen von Leuten zu sehen bekommen auf einem der im Netz existierenden Fotos. Aber alle die darüber schreiben, erzählen ersteinmal nur das nach, was sie von einer einzigen Person darüber zu hören oder zu lesen bekommen haben. Nämlich das Gesagte dieser Person Joseph Beuys. Woher wollen die denn alle gemeinsam wissen, dass diese besagte Person die Wahrheit sagt und uns fragende Betrachter in Wirklichkeit nicht an der Nase herumführt und uns ganz wissentlich, warum auch immer, versucht in die Irre zu führen?

Also lasst uns doch einfach mal für einen Moment vergessen, was diese eine Person Joseph Beuys über diese Installation auf der Documenta 6 von 1977 gesagt hat. Wollen wir doch einmal sehen, was so alles auf Fotos zu finden ist und versuchen zu interpretieren und deuten, was da zu sehen ist, bevor wir das "wiederkäuen", was die Fachwelt von Herrn Beuys rezitiert. Das ist gar nicht so kompliziert, wie man sich vielleicht erzählt.

Trotzdem fang ich gleich mal mit einem Kommentar von Herrn Beuys dazu an. Am Ende dieser Ausstellung soll er gesagt haben, dass er nicht möchte, dass die Honigpumpe als funktionierendes Kreislaufsystem noch einmal woanders aufgebaut werden soll. Sie soll so lediglich als Dokument der Documenta 6 von Kassel erhalten bleiben. Warum? Ist sie so sehr an die Diskussionen in den Räumen der Freien Universität gebunden? Ich glaube kaum. Ich vermute, der Grund ist die außergewöhnliche Räumlichkeit, in der sie aufgebaut war, was so von vornherein kein Museum dieser Welt zu bieten hat. Die Rotunde im Fridericianum. Einfach gesagt: Ein halber runder Raum. Dieser Ort war, von einer Reihe Fotos, die während dem Aufbau der Installation von verschiedenen Seiten auf der Höhe der Pumpen entstanden einmal abgesehen, für die Besucher und Betrachter der Documenta, nur von oben einzusehen. Und man muss kein Akademiker mit Medizinstudium sein, um zu erkennen, dass dieser runde Halbraum dort unten, der auf Fotos wie die kartographische Abwicklung der Nord oder Südhalbkugel der Erde wirkt, eher etwas mit der "Höhlentheorie von Platon" zu tun hat, als mit irgend einem Blutkreislauf.

Und was heißt hier überhaupt "Blutkreislauf"? Ein Stoff, der für das Leben eines Individuum unabdingbar ist, soll durch sein totales Gegenteil, eines der allerersten Luxusgüter der Menschheit überhaupt dargestellt werden? Durch Honig? Das ist doch wohl ein Witz?! Gut - gänzlich auszuschließen ist das nicht. Herr Beuys behauptete ja in seinem Frühstücksgespräch von 1985, dass er ein Schüler des HUMORISTISCHEN Gymnasiums zu Kleve war. Sagen wir also mal, der Honig ist nicht Blut sondern Honig und wenn Symbolik, dann das was er schon immer war, nämlich als Beispiel für Luxusgüter wie Auto, Eigenheim, Urlaub, Fernseher, Stereoanlage, Homecomputer, Smartphone, Stadionbesuch und Museumsbesuch usw..... Während ich die Symbolbedeutungen des Honig aufzähle stelle ich fest, dass das mit dem Blut doch stimmen könnte, denn so mancher würde lieber sterben wollen, als auf den einen oder anderen der aufgezählten Artikel zu verzichten. Wer also weiter an die Symbolkraft des durch die Schläuche und Röhren fließenden Blutes in Form des Honig glauben will, möge weiter geradeaus gehen bis ans Ende und dann rechts.......und ihr wisst, jeder nur ein Kreuz. Alle anderen, die inzwischen an die Symbolik des Luxusgutes dargestellt durch den fließenden Honig glauben, bitte hier entlang.....

Auch der Titel der Installation weist deutlich auf den Honig hin, denn er lautet ja nicht Blutpumpe, sondern Honigpumpe am Arbeitsplatz. Aber was für ein Arbeitsplatz ist hier gemeint? Wenn, dann ist die Pumpe selbst ja schon der Arbeitsplatz des fließenden Honig. Aber es heisst ja "am" Arbeitsplatz. Na - ich denke es ist der Arbeitsplatz daneben. Das was da mittels Motor so im aufgehäuften Fett rotiert. Der "WEITERVERARBEITETE" Stoff, aus dem dann das Fett wird. Was mag das wohl für ein Ausgangsprodukt sein, aus dem dann durch Rotation und verquirlen Fett wird? Nun erzählt mir nicht, es wäre eine Wanne voll Sonnenblumensträusse, weil es sich ja unzweifelhaft um Sonnenblumenmargariene handeln würde. Obwohl - so gänzlich falsch mag der Gedanke noch gar nicht sein. Denn es könnte sein, dass Herr Beuys, neben der finanziellen Seite, hier schon auf die Tatsache hinweisen wollte: Es ist nicht überall drin, was auf der Verpackung drauf steht. Denn meines Wissens nach wird Pflanzenmargariene durch "pressen" hergestellt. Rotierende Werkzeuge dagegen verquirlen Milch bzw. den Rahm in einer Wanne bis daraus Butter, also Fett entsteht. Milch ist also der Stoff den wir uns neben dem Honig in diese Installation dazu denken müssen, um ihre exakte Bedeutung verstehen zu können. Denn es fließt hier "sichtbarlich" Honig, aber eben auch unsichtbar Milch durch die Schläuche. Dass bekommen wir dadurch bestätigt; wenn wir uns die von Beuys irgendwo auf einem Blatt Papier notierten Dinge ansehen, die dort für den Aufbau aufgeschrieben sind. Da steht unter anderem nicht Plastikschlauch, nicht Aquarienschlauch oder Gummischlauch. Da steht ... Meter "MELKSCHLAUCH"! Also der Schlauch, der vom Bauern für den Transport der Milch in die dafür vorgesehenen Kannen verwendet wird. Beuys wird sich sicherlich bei der Auswahl gerade dieses Schlauchtyps was gedacht haben. Wir haben also zwei zentrale Materialien in diesem Kunstwerk. Honig und Milch in seiner weiterverarbeiteten Form des Fettes. Na - dämmert's so langsam, was die eigentliche Bedeutung der "Honigpumpe am Arbeitsplatz" sein könnte?

Das besondere der Installation ist, dass sie sich in ihren Ausmaßen nicht nur auf diesen einen Raum der Rotunde beschränkt, sondern der Honigschlauch diesen Ort nach oben verlässt und seinen Weg in Richtung Räumlichkeiten der freien Universität findet. Laut Berichterstattung einer der zentralen Bedeutungspunkte der Honigpumpe. Ich bräuchte jetzt ein wenig Oktoberfest - Schunkelmusik im Hintergrund... ol l° l° l" ol ol ol l° ol ol ... Der Vorsänger: "Mei - ne Honig - Pum - pe ist das zen - trale Gerät der frei - en Uni - versi - tät". Der Chor der Kulturfachleute antwortet: "Herr Beuys, nur wir ver - steh - en nix, drum wieder - hol'n wir ihr Gesag - tes auch ganz fix."..... Suppi Musik. Nur leider im Zusammenhang des Kunstwerks völlig unwichtig. Zum Zeitpunkt der Documenta 6 hatte ich noch kein Museum von innen gesehen. Erste Discothekenbesuche standen zu dem Zeitpunkt auf Platz eins meiner Freizeitaktivitäten. Daher kenne ich natürlich nicht den Verlauf der Honigleitung im Detail. Nach meinen Informationen endete sie aber dort nicht, sondern war danach noch höher verlegt, bis es aus architektonischen Gründen nicht mehr höher ging. Erst jetzt verlief die Leitung wieder zurück nach unten bis zur Pumpe in der Rotunde. Die Räumlichkeiten der Freien Universität waren da für mein dafürhalten eher im Weg und hatten eigentlich für das Verständnis der Honigpumpe keine nennenswerte Bedeutung. Nur war die Freie Universität ein weiteres Projekt von Beuys, das für ihn mehr Zeit in Anspruch nahm, als das morgentliche ein- und abendliche Ausschalten der Honigpumpe. Daher erklärte es der Komiker aus Kleve kurzerhand zur zentralen Bedeutung dieser Installation. An der Stelle hätte aber für mein dafür halten auch eine Pommes- oder Burgerbude stehen können. Die hätte nicht weniger Bedeutung gehabt. Der entscheidende Punkt des Honigverlaufs ist nicht diese Räumlichkeit mit "diskutierenden Menschen", sondern der Punkt, wo es aus architektonischen Gründen nicht noch mehr nach oben ging. Soll heißen, die Bedeutung des Honigschlauchverlauf liegt im: DAS DA UNTEN funktioniert nur solange problemlos, solange DER DA OBEN nicht mit einem Fuss auf der Leitung steht !!!

Und dann gibt es da immer noch diese kurz aufgezählten und eher Stiefmütterlich behandelten, aber nie weiter deschifrierten 3 Töpferkrüge, die da etwas verloren in der Ecke rumstehen. Diese klassische künstlerische Vater - Mutter - Kind Konstellation. Symbol für den beteiligten Menschen? Ja - sicherlich auch das. Aber so demonstrativ in die Ecke gestellt, scheint mir hier doch auch ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Ecke vorzuliegen. Und wie Beuys einmal sagte: "Ich denke sowieso nur mit dem Knie." ...nämlich dem des christlichen Büsser's, können wir durchaus vermuten, dass mit dem deutlichen Verweis auf die Ecke der neutestamentarische verworfene Eckstein, nämlich Jesus Christus gemeint ist. (NT Luk 20,17-18; Mat 21,42-44; Apg 4,11; Psm 118,22; Röm 9,33; AT Jes 8,13-15; Jes 28,16) Also neben dem Vater - Mutter - Kind Aspekt auch ein Verweis auf die "Heilige Dreifaltigkeit" mit diesen drei Krügen vorliegt.
Wenn wir uns dazu noch die Fotoserie von Herrn Jochen Hiltmann für die Zeitschrift "Spuren" ansehen, die er zusammen mit Beuys gemacht hat, so fällt auf, wie zentral diese 3 Krüge von Beuys beim Thema Honigpumpe ins Bild gerückt werden. Einen der Krüge hat er auf den Fuss gestellt. Ich vermute eine Anspielung an die neutestamentarische Fusswaschung von Jesus (An dieser Stelle nochmal DEN DA OBEN vergegenwärtigen!). Einen Krug hält er sich wie ein Amulett vor die Brust und den dritten Krug als Krönungssymbolik auf den Kopf. Und dann noch das Foto mit der Hirtenstock - Symbolik. Aber ein wirklich interessantes Foto der Reihe und mit "Foto 3" betitelt zeigt Beuys wie er mit beiden Händen zwei Schläuche hält. Für mich ein eindeutiger Hinweis auf die Tätigkeit des Melken. So eng wie er die beiden Hände nebeneinander hält, vermutlich ein hinweis, dass es sich um ein Ziegenäuter handelt. Bei all diesen unübersehbaren Hinweisen auf Milch und Religion bleibt mir nur noch zu sagen:

Diese Installation auf der Documenta 6 in Kassel von 1977 ist nicht "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo, ist nicht "Das Letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci und auch nicht "Die Kreuzigung hyperkubisch" von Salvador Dali...... Sondern nicht weniger, aber ersteinmal auch nicht mehr, als die künstlerische Umsetzung des aus der Bibel stammenden Spruchs: "DAS LAND WO MILCH UND HONIG FLIESSEN", mit dem Titel: "Honigpumpe am Arbeitsplatz" von Joseph Beuys. (Bibel, AT, 2Mose/Exodus 3,8; 3,17; Jer 11,5; Ez 20,6; 20,15) Und wenn wir uns unter diesem Aspekt nocheinmal das durchlesen, was Beuys alles irgendwann irgendwo zu dieser Installation gesagt hat, werden wir feststellen, wenn wir nicht zu sehr im Blutkreislauf verharren, dass alles auch einen Bezug zu dem oben genannten biblischen Spruch hat.
Aber die, die dem Humor von Herrn Beuys weiter auf den Honig - äh...pardon, auf den Leim gehen möchten, sollen ruhig weiter an den elitären Quark vom Blutkreislauf der Gesellschaft glauben.....

http://www.thebroad.org/art/joseph-beuys

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